Steuerung biologischer Prozesse mit Licht

KMU und Start-ups
17.05.2017
Erstellt von Meldung des BMBF-Verbundprojekts HOLO4D

BMBF-Projekt HOLO4D erfolgreich abgeschlossen: Entwicklung eines 4-dimensionalen, holographischen Beleuchtungssystems für die Mikroskopie.

2 Bilder Mikroskopieaufnahmen von Zellen
Abbildung 1: DNA Schäden in unterschiedlichen Mustern in einer Gruppe von Tumorzellen (links spiralförmige Muster, rechts linienförmige Muster). Gezeigt sind Zellkerne, die ein hellgrün fluoreszierendes DNA Reparaturprotein enthalten. Bild: Prof. E. Ferrando-May, Bioimaging Center Universität Konstanz

Nach dreijähriger Laufzeit wurde das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt Holo4D erfolgreich abgeschlossen. Durch das in diesem Projekt entwickelte System sind Biologen aus verschiedenen Fachrichtungen nun in der Lage, biologische Prozesse in Zellen gezielt und mit sehr hoher zeitlicher und räumlicher Auflösung zu steuern. Dieses eröffnet ganz neue experimentelle Ansätze z.B. in der Krebsforschung oder in den Neurowissenschaften.

Im Rahmen des HOLO4D-Verbundprojektes haben sich mit den beiden Partnern Rapp OptoElectronic GmbH aus Wedel und dem Bioimaging Center der Universität Konstanz, ein kleines mittelständisches Technologie-Unternehmen und ein führendes Forschungsinstitut zusammengetan, um ein holographisches Beleuchtungssystem für die Mikroskopie zu entwickeln. Das Beleuchtungssystem ist in der Lage, beliebige Muster als Hologramm in das Sehfeld eines optischen Forschungsmikroskops zu projizieren.

Der holographische Ansatz bietet für die Steuerung biologischer Prozesse in lebenden Zellen das größte Potential. Mit diesem System sind wir in der Lage auch dreidimensionale Muster in das Probenvolumen zu projizieren und diese mit sehr hoher zeitlicher Auflösung zu variieren. Das System ist damit in der Lage, zeitlich genau definierte, dreidimensionale, holographische Filme in das Mikroskop zu projizieren.

Die Anwendungsfelder dieses Systems finden sich z.B. in der Krebsforschung und in den Neurowissenschaften. In der Krebsforschung werden durch das entwickelte System DNA-Schäden mit hoher räumlicher Auflösung in Krebszellkernen erzeugt und die Reparaturmechanismen der Zelle untersucht. Durch diese Experimente erhoffen sich die Wissenschaftler ein tieferes Verständnis über die Entstehung und die Entwicklung von Krebszellen.

Lebende neuronale Netze gezielt steuern

In der ersten Abbildung ist das Ergebnis eines biologischen Experiments dargestellt. Hierbei wird die DNA von Tumorzellen, in die ein fluoreszierendes DNA Reparaturprotein eingebracht wurde, mittels ultrakurzer Laserimpulse sehr präzise geschädigt. Das Reparaturprotein wandert und akkumuliert am Ort des Schadens, was als helles Muster zu erkennen ist. Der zeitliche Verlauf dieser Schadensrekrutierung wird dann mikroskopisch verfolgt. Daraus lassen sich Aussagen zu den Wirkmechanismen der DNA Reparatur ableiten. Die Möglichkeit, über holographische Beleuchtung mehrere Zellkerne in beliebigen Mustern gleichzeitig zu adressieren, gestattet eine hohe Flexibilität und einen deutlich erhöhten Probendurchsatz.

In neurowissenschaftlichen Experimenten ist es mit diesem System möglich, Nervenzellen gezielt zum Aussenden eines elektrischen Signals an benachbarte Nervenzellen anzuregen. Bei geeigneter Wahl der Farbe des Hologramms lassen sich die Nervenzellen auch „abschalten“. Durch diesen Mechanismus lassen sich ganze, lebende neuronale Netze gezielt steuern.

Da biologisches Gewebe in alle drei Dimensionen ausgedehnt ist, benötigt man eine Technologie, die eine dreidimensionale Stimulation der Zellen ermöglicht. Zudem ist das Timing der Stimulation von zentraler Bedeutung. So ist es z.B. auch notwendig, gleichzeitig verschiedene räumliche Bereiche der biologischen Probe zu stimulieren. Gerade die Gleichzeitigkeit ermöglicht neue Ansätze zur Untersuchung neuronaler Netze und trägt entschieden zum Verständnis der Funktionsweise z.B. des Gehirns bei.

4D-Hologramme

In Abbildung 2 ist die Erzeugung von dreidimensionalen, zeitlich steuerbaren Hologrammen dargestellt (4D-Hologramme). Das Bild links zeigt das Objektiv des Mikroskops, das in eine fluoreszierende Flüssigkeit eintaucht. Im Bild in der Mitte ist eine Nahaufnahme des Objektivs im Bereich des Eintauchens in die Flüssigkeit gezeigt. In der Flüssigkeit werden dreidimensionale holographische Muster erzeugt, die zur Emission von Fluoreszenzlicht führen. Im rechten Bild ist ein Beispiel eines solchen Musters vergrößert dargestellt. Die zeitliche Abfolge dieser Muster lässt durch das entwickelte holographische Projektionssystem flexibel und schnell verändern.

Der Einsatz des holographischen Beleuchtungssystems in einem neurowissenschaftlichen Experiment ist in Abbildung 3 dargestellt. Es werden hierbei Gruppen von Nervenzellen in einem komplexen biologischen Gewebe (in diesem Fall ein Hirnschnitt, s. Bild links) durch die holographischen Muster aktiviert. Durch optische und elektrische Methoden lässt sich die Aktivität der einzelnen Nervenzellen messen. Der zeitliche Verlauf ist im Diagramm auf der rechten Seite der Abbildung aufgezeigt. Durch den Vergleich der zeitlichen Abfolge der holographischen Projektionsmuster mit dem gemessenen zeitlichen Verlauf lassen sich z.B. Verbindungen zwischen einzelnen Nervenzellen kartieren.

Ansprechpartner

Oliver Wendt
Rapp OptoElectronic GmbH
Kronskamp 110
22880 Wedel
Telefon: +49 4103 701 89 0
email: wendt(at)Rapp-Opto.com

Prof. Dr. Elisa Ferrando-May
Universität Konstanz
Bioimaging Center
Universitätsstraße 10
78457 Konstanz
Telefon: +49 7531 884054
Mail: elisa.may(at)uni-konstanz.de

3 Bilder Mikroskop-Objektiv und Erzeugung von Hologrammen
Abbildung 2: Erzeugung von 4D-Hologrammen. Bild: Dr. S. Junek, MPI für Hirnforschung, Frankfurt a.M.
2 Bilder Mikroskopieaufnahme Zellen und Schema mit Kurven
Abbildung 3: Aktivierung von Gruppen von Nervenzellen in Hirnschnitten. Bild: Dr. S. Junek, MPI für Hirnforschung, Frankfurt a.M.