In der modernen Industriefertigung spielen Oberflächen mit genau definierten Eigenschaften eine zunehmend wichtigere Rolle. Beispielsweise ist die Güte der Zylinderlauffläche eines modernen Automotors entscheidend für dessen Lebensdauer. Optische Komponenten erhalten ihre Funktionalität erst durch entsprechende Oberflächen, an die sehr hohe Anforderungen an Formhaltigkeit und Beschichtungsqualität gestellt werden.
Dabei steuert die industrielle Fertigung auf einen tiefgreifenden Wandel zu, der auch teilweise als vierte industrielle Revolution – Industrie 4.0 – bezeichnet wird. Hierbei ist ein Ziel, individuelle Produkte mit Mitteln der Serienfertigung herstellen zu können. Dies ist für Hersteller eine große Chance, sich im internationalen Wettbewerb behaupten zu können. Gleichzeitig stellt es sie aber auch vor große Herausforderungen.
Diese Art der Fertigung stellt auch neue Anforderungen an die Fertigungsmesstechnik, die künftig in der Lage sein muss, Werkstücke und Produkte vollständig zu prüfen, und insbesondere kleinste Defekte auf vergleichsweise großen Oberflächen zu entdecken.
Optische Messverfahren spielen hierbei bereits eine große Rolle und liefern sehr gute Ergebnisse. Allerdings haben die Fertigungsmesstechniker bisher die Wahl zwischen hoher Genauigkeit, langer Messzeit und einem kleinen Messfeld oder geringerer Genauigkeit, kurzer Messzeit und einem großem Messfeld. Eine Eigenschaft alleine ist für die künftige Fertigungsmesstechnik, die in die Produktion integriert werden muss, nicht mehr ausreichend.
Daher hat sich in dem Verbundprojekt FIHSIW ein Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren zusammengeschlossen, um das Beste aus zwei Messverfahren zu kombinieren. Das Team hat sich das Ziel gesetzt, ein Interferometer für die hochgenaue Messung mit einem Wellenfrontsensor für die schnelle Messung zu kombinieren. Die Herausforderung besteht auf der einen Seite darin, diesen Kombinationssensor robust und kompakt aufzubauen, so dass er auch unter Produktionsbedingungen einsatzfähig ist, auf der anderen Seite muss in sehr kurzer Zeit aus den unterschiedlichen Signalen der beiden Sensorteile ein aussagekräftiges Messergebnis erzeugt werden.
Wenn die Arbeiten erfolgreich abgeschlossen werden können und die angestrebten Ziele erreicht werden, steht der industriellen Fertigungsmesstechnik ein neuartiger inlinefähiger optischer Sensor zur Verfügung, der gleichsam als sensibler Lichtfühler einen unverzichtbaren Baustein auf dem Weg der industriellen Fertigung in Richtung Industrie 4.0 liefern wird.
Das FIHSIW-Projekt ist im Sommer 2016 gestartet und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Initiative „Photonik Plus“ bis Ende Juni 2019 mit rund 850.000 Euro gefördert. Der vollständige Projektname lautet „Fertigungsintegrierte High-Speed RGB-Interferometrie und Wellenfrontsensorik“. Partner sind die Mahr GmbH, das Laser-Laboratorium Göttingen e.V., die ABS Gesellschaft für Automatisierung, Bildverarbeitung und Software mbH sowie die Universität Kassel.