Seit Jahrzehnten steigt die Zahl der Hautkrebs-Fälle stetig. Das gilt für den weißen Hautkrebs, um den es sich in rund 80 Prozent der Fälle handelt, ebenso wie für den schwarzen Hautkrebs (malignes Melanom), auf den die restlichen 20 Prozent entfallen. In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 35.000 Menschen an schwarzem Hautkrebs. Während weißer Hautkrebs meist gutartig ist, ist schwarzer Hautkrebs fast immer bösartig – und führt unbehandelt zum Tod. Bei einer frühzeitigen Diagnose stehen die Chancen auf Heilung jedoch gut. Eine bessere Diagnostik kann also die Überlebenszeit der Patienten verlängern bzw. gewährleisten.
Schmerzfreies und nicht-invasives Diagnoseverfahren
Entscheidende Vorteile gegenüber bisherigen Verfahren zur Erkennung von Hautkrebs bietet ein Gerät zur digitalen Diagnoseunterstützung, das das Berliner Unternehmen LTB Lasertechnik Berlin GmbH entwickelt hat. Die Dermatofluoroskopie ergänzt das herkömmliche Sicht- oder Auflicht-Screening und gibt dem Arzt binnen weniger Minuten eine Rückmeldung, ob es sich bei der untersuchten Hautstelle um schwarzen Hautkrebs handeln könnte. Das Verfahren ist schmerzfrei und nicht-invasiv – viele Mini-OPs, die sich im Nachhinein als überflüssig erweisen, können vermieden werden. Ein Meilenstein in der langjährigen Forschungsarbeit der LTB für das weltweit patentierte Verfahren war auch das Forschungsprojekt FluoTOM, das von 2005 bis 2010 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde.
Grundlagenforschung im BMBF-Projekt FluoTOM
Bereits 2001 begann ein Team der LTB Lasertechnik Berlin GmbH damit, eine Methode zur schmerzfreien und schnellen Erkennung von Hautkrebs zu erforschen und zu entwickeln. Die Leitung hatten der damalige Geschäftsführer Dr. Matthias Scholz und sein Forschungspartner Dr. Dieter Leupold vom Max-Born-Institut für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie im Forschungsverbund Berlin e.V. inne.
Im Verbundprojekt FluoTOM setzte die LTB Lasertechnik Berlin GmbH von 2005 bis 2009 die wissenschaftliche Arbeit fort und erforschte zusammen mit den Projektpartnern die Diagnose von Hautkrebs. Ziel war es, Dermatologen eine Charakterisierung des Gewebe- bzw. Stoffwechselzustandes zu liefern. Und den Gewebezustand in einem morphologischen Schnittbild darzustellen, das eine Bewertung von Tumoren hinsichtlich Ausdehnung, Position und Aggressivität erlaubte. Die im Rahmen von FluoTOM durchgeführte Grundlagenforschung ermöglichte schließlich die Fokussierung auf die Entwicklung der Dermatofluoroskopie zur (Früh-)Erkennung von malignen Melanomen: Die Methode regt die Melaninfluoreszenz in der Haut durch einen speziellen Laser an.
Weiterentwicklung zum Medizinprodukt
Die Melaninfluoreszenz aus gesunden Hautzellen und Melanomzellen weist charakteristische spektrale Unterschiede auf, die mittels künstlicher Intelligenz analysiert werden. Das Ergebnis der Datenanalyse ist ein Score, der als Entscheidungshilfe für die Diagnose eines Melanoms dient. Das innovative, digital gestützte Verfahren stellt einen maßgeblichen Fortschritt für die Diagnose von schwarzem Hautkrebs dar:
- Ergebnis liegt sofort nach Anwendung vor
- schmerzfrei und nicht-invasiv
- Gewebeprobe-Entnahme (Schnitt) entfällt
- dient auch der Verlaufskontrolle von auffälligen Flecken oder Hautveränderungen
- schafft mehr Transparenz in der Patienten-Arzt-Kommunikation
Zur Vermarktung des Gerätes zur Früherkennung des Schwarzen Hautkrebses suchte LTB Lasertechnik Berlin einen Partner.
Im Februar 2014 wurde schließlich die Magnosco GmbH aus der LTB Lasertechnik ausgegründet, um den Prototypen des In-vivo-Gerätes zu einem serienreifen Medizinprodukt weiterzuentwickeln und weltweit zu vertreiben. Gleichzeitig startete die dreijährige multizentrische klinische Prüfung, die die Grundlage für die Zulassung zum Medizinprodukt bildete.
Markteinstieg in Deutschland und Europa
In den klinischen Studien an der Charité-Universitätsmedizin Berlin sowie an den Universitätskliniken in Tübingen und Heidelberg bewies das neue Diagnoseverfahren seine Zuverlässigkeit. Im November 2017 erfolgte die CE-Zertifizierung als Medizinprodukt und damit verbunden Anfang 2018 der Markteinstieg sowie der Vertrieb des DermaFC in Deutschland. Für 2019 ist der Start der Serienproduktion geplant sowie der Ausbau des Vertriebs auf die DACH Region.
Das langfristige Ziel ist klar definiert: der Partner für Hautkrebsvorsorge und -diagnostik zu werden – und das Verfahren als Routine-Diagnostik zu etablieren. „Jedes Jahr sterben in Europa 22.000 Menschen an Hautkrebs, dabei liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei über 90 Prozent. Daher wollen wir Lösungen schaffen, die Hautkrebsfrüherkennung einfach, schmerzfrei und kostengünstig für Ärzte und Patienten ermöglichen", erklärt Inga Bergen, Geschäftsführerin bei der Magnosco GmbH.
Dafür entwickelt Magnosco die Methodik stetig weiter. LTB Lasertechnik hat auch einen Prototyp für die Histologie entwickelt, der bereits durch Histopathologen geprüft wurde und nun durch Magnosco weiterentwickelt wird. Bei dem neuen Gerät kommt ebenfalls die Dermatofluoroskopie zum Einsatz, allerdings ex-vivo an Formalin-fixierten, Paraffin-eingebetteten (FFPE) Präparaten.
Die Erfolgsgeschichte von Magnosco ist auch eine Erfolgsgeschichte der Forschungsförderung in Deutschland: von der Bekanntmachung „Biophotonik II“ des BMBF über das wegweisende Forschungsprojekt FluoTOM bis hin zur Anwendung des neuartigen Verfahrens hat es knapp zwölf Jahre gedauert. Das Ergebnis ist ein serienreifes Produkt, das eine entscheidende Verbesserung der Hautkrebsdiagnose bringt – und Potenzial für wertvolle Weiterentwicklungen in sich trägt.
Über Magnosco
Die Magnosco GmbH, gegründet 2014, ist ein MedTec-Unternehmen mit Sitz im Technologiepark Berlin-Adlershof. CEO Inga Bergen, COO Thomas Diepold und Dr. Sebastian Ahlberg führen das Team von Wissenschaftlern und Technik-Experten. Magnosco arbeitet bei der Entwicklung des weltweit patentierten Verfahrens mit der Charité Berlin, dem Universitätsklinikum Tübingen, dem Universitätsklinikum Heidelberg, dem Krankenhausbetreiber Vivantes und dem Unternehmen LTB Lasertechnik Berlin zusammen. Der dafür verwendete DermaFC besitzt eine CE-Zertifizierung für den europäischen Markt als Medizinprodukt der Klasse IIa.
Über die „Nationale Dekade gegen Krebs“
Krebserkrankungen möglichst verhindern, Heilungschancen durch neue Therapien verbessern, Lebenszeit und -qualität von Betroffenen erhöhen – das sind die Ziele der "Nationalen Dekade gegen Krebs". Krebs ist in Deutschland die zweithäufigste Todesursache und die Krankheit, die den Menschen am meisten Angst macht.
Im Kampf gegen die Erkrankung wird das BMBF zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) und Partnern aus Forschung, Versorgung und Selbsthilfe die Aktivitäten zur Krebsbekämpfung verstärken und bündeln. Neben BMBF, BMG, dem Deutschen Krebsforschungszentrum (dkfz) und der Deutschen Krebshilfe beteiligen sich am Start der "Nationalen Dekade gegen Krebs" viele weitere Partner, unter anderem die Felix-Burda-Stiftung, medizinische Fachgesellschaften wie die Deutsche Krebsgesellschaft, Verbände niedergelassener Ärztinnen und Ärzte, der GKV-Spitzenverband, forschende Industrieunternehmen, das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte und die Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe.
Weitere Informationen
Aktuelle Fördermaßnahmen und Forschungsprojekte zu Photonik in den Lebenswissenschaften
Website zur "Nationalen Dekade gegen Krebs"