Schädliche Bakterien im Trinkwasser schneller nachweisen

Lebenswissenschaften
17.08.2015
Erstellt von BMBF-Verbundprojekt SEKT / Helmut Hund GmbH

Abgeschlossenes BMBF-Verbundprojekt SEKT erforscht Verfahren zum schnelleren Nachweis von Legionellen und E. coli.

Wasser ist Leben – und getreu diesem Motto erfolgte zum 1. November 2011 ein Gesetzesnachtrag der deutschen Trinkwasserverordnung, in dem nicht nur nach wie vor ein Grenzwert von einer koloniebildenden Einheit (KBE) koliformer Keime in 100 ml Trinkwasser festgelegt wird, sondern auch ein technischer Maßnahmewert von 100 KBE/100 ml Trinkwasser für Legionellen.

Für diesen Maßnahmewert besteht eine Untersuchungspflicht u. a. für vermietete Wohnungen. Der Standard-Nachweis für diese Mikroorganismen erfolgt derzeit mit Kultivierungsverfahren, die Inkubationszeiten in der Größenordnung von bis zu 10 Tagen (bei Legionellen) erfordern, so dass das Analyseergebnis erst relativ spät vorliegt. Im Fall größerer Ausbrüche von Legionellen, wie z. B. 2013 in Warstein, ist allerdings ein schnelleres Nachweisverfahren vonnöten. Dies gilt auch für den Nachweis von Escherichia coli (E. coli), ein Darmbakterium, das weltweit als Indikator für eine unzreichende Wasserqualität gilt.

Mit dem Ziel, ein deutlich schnelleres Nachweisverfahren zu entwickeln, hat sich 2012 ein Konsortium mit Partnern aus Industrie, Hochschulen und einer Einrichtung der Fraunhofer-Gesellschaft im Rahmen des Verbundprojekts „Schneller Einzelzellnachweis von Keimen im Trinkwasser“ (Akronym: SEKT) zusammengefunden.

Was fluoresziert denn da?

Der erste Schritt des vorgeschlagenen Verfahrens besteht in der Anreicherung der in einer Wasserprobe enthaltenen Mikroorganismen durch Filtration. Die hierzu benötigten Filter sind in Silizium geätzt, mit Durchmessern (aktive Fläche) von 12 mm und mit einer Porengröße um 450 nm. Infolge einer Plasmabehandlung der Filter-Oberflächen können trotz dieser engen Poren noch große Flüssigkeitsmengen in akzeptablen Zeitintervallen hindurch gesaugt werden.

Mit speziellen Haltern werden diese Filter in eine Messkammer eingebracht, die als Teil eines sie umgebenden, komplexen Fluidiksystems eine automatische Probenvorbereitung ermöglicht (Bild 1). Da der Nachweis der Mikroorganismen letztendlich fluoreszenzmikroskopisch geführt werden soll, waren hierzu umfangreiche Voruntersuchungen spezifischer Anfärbungen notwendig.

Der Nachweis von Legionellen auf Silizium-Filtern ist durch eine doppelte Anfärbung gelungen: Während der Fluoreszenzfarbstoff DAPI alle DNA-enthaltenden Mikroorganismen anfärbt, erfolgt eine spezifische Anfärbung mit einem FITC-markierten Antikörper (Immunfluoreszenz, Bild 2).

Für den Zielorganismus E. coli und weitere koliforme Keime wurde hingegen ein Nukleinsäure-basierter Assay entwickelt, der zudem an die Siliziumoberfläche der Mikrofilter adaptiert werden musste. Hierbei werden die enthaltenen Bakterien entweder unspezifisch mit DAPI oder in einem in der Literatur als DVC-FISH (direct viable count – fluorescence in-situ hybridization) bezeichneten Verfahren spezifisch mit Gensonden angefärbt und einem Vitalitätstest unterzogen.

Dieser Vitalitätstest führt dazu, dass lebensfähige Bakterienzellen innerhalb von drei Stunden deutlich in der Länge wachsen und damit im mikroskopischen Bild sehr gut von nicht lebensfähigen Exemplaren unterschieden werden können (Bild 3). Das Verfahren wurde im Laufe des Projekts auch an Realproben verifiziert.

Die für die Anfärbung notwendigen Prozessschritte (Spülen, Hybridisieren, Anfärben) werden vollständig innerhalb des Fluidiksystems realisiert. Die fertig prozessierten Filter werden anschließend mit einem automatisch scannenden Fluoreszenzmikroskop ausgewertet.

Scanner-Prototyp realisiert

Da mehrere Farbstoffe bei unterschiedlichen Wellenlängen angeregt werden und auch fluoreszieren, muss das auswertende Mikroskop über die Möglichkeit verfügen, zwischen den benötigten Fluoreszenz-Filtersätzen umschalten zu können. Dies geschieht in dem realisierten Scanner-Prototypen über einen manuell bedienbaren Filterschieber, der bis zu vier Filtersätze aufnehmen kann. Der Scanner selbst wurde auf der Basis eines manuellen Labormikroskops aufgebaut.

Da die im Mikroskop sichtbare Objektfläche deutlich kleiner als die Filterfläche ist, muss der Filter abgescannt werden. Hierzu wurde das Mikroskop mit einem motorisierten Kreuztisch ausgestattet, zusätzlich mit einem Fokussierantrieb zum Auffinden der schärfsten Bildebene. Da sich diese Ebene über die Filterfläche ändern kann, wird an jeder Position ein Bildstapel aufgenommen, aus dem eine Software das schärfste Teilbild bestimmt und auf der Festplatte des angeschlossenen Rechners ablegt (Bild 4).

Aus dem erzeugten Bildmaterial segmentiert die nachgeschaltete Bildverarbeitung mit einem auf dem Wasserscheiden-Algorithmus aufbauenden Verfahren die detektierten Bakterienzellen (Bild  5).

Tests ergaben, dass die Auswertung die Zielorganismen sowohl bei hohen als auch bei niedrigen Zellkonzentrationen mit hoher Genauigkeit findet. In der Probe vorhandene Verunreinigungen, die ebenfalls angefärbt werden und sich daher nicht eindeutig identifizieren lassen, stellen jedoch noch eine Herausforderung dar, der auf dem Weg zur Erreichung der beabsichtigten Nachweisgrenze für alle Zielorganismen begegnet werden muss.

Fazit

Das im Rahmen des Verbundprojektes SEKT untersuchte Verfahren hat das Potenzial, in ein schnelles Nachweisverfahren gesundheitsschädlicher Keime im Trinkwasser umgesetzt zu werden. Die innerhalb der Projektlaufzeit von drei Jahren durchgeführten Arbeiten führten zu dem Ergebnis, das die für den Technischen Maßnahmewert für Legionellen im Trinkwasser notwendige Nachweisgrenze voraussichtlich erreicht werden kann, für den Nachweis von E. coli aller Voraussicht nach jedoch noch weitere Untersuchungen notwendig sind.

Das Verfahren an sich verspricht jedoch eine deutliche Beschleunigung des Nachweisverfahrens: Während das etablierte Verfahren (Colilert) nach 18 h ein Ergebnis liefert, benötigt der Bakteriennachweis etwa 2 h, der Vitalitätstest weitere 3 h, so dass nach etwa 5 h bereits ein Resultat vorliegt.

Potenzial für technische Verbesserungen besteht für den Scanner in der Entwicklung eines Gerätes, innerhalb dessen die Verfahrensschritte zwischen dem Einfüllen einer Wasserprobe und der Ausgabe der Erregerkonzentration vollständig automatisiert ablaufen.

Neben dem Aufbau eines Systems zum Probenhandling muss darüber hinaus wegen der Toleranzen beim Einbau der Mikrofilter eine Routine zum sogenannten Fokus-Mapping integriert werden, da ansonsten der fest einstellbare z-Bereich über die gesamte Filterfläche nicht ausreicht, um an jeder Position ein scharfes Bild zu finden.

Hintergrund zum Verbund

Der SEKT-Verbund wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit über 1,8 Millionen Euro gefördert. Im Rahmen der Initiative „Optische Technologien in den Lebenswissenschaften - Grundlagen zellulärer Funktionen“ ist das Projekt Angang Januar 2012 gestartet und wurde Ende Juni 2015 abgeschlossen.

Projektpartner waren die Airbus Group SE (München), die Helmut Hund GmbH (Wetzlar), das Institut für Wasserforschung GmbH (Schwerte), die Fraunhofer-Einrichtung für Mikrosysteme und Festkörper-Technologien EMFT (München), der Lehrstuhl Informatik 5 der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (Aachen) und das Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene der Universität Regensburg.