Röntgen mit Rosinenkuchen

Organische Elektronik
04.11.2015
Erstellt von Artikel aus „Pictures of the Future“, Siemens AG

Medizinische Bildgebung: Bessere und kostengünstigere Röntgendetektoren / Errungenschaften aus BMBF-Verbundprojekt HOP-X werden in EU-Projekt bis zur Einsatzreife weiterentwickelt.

Digitalgeräte sind beim Röntgen heute Stand der Technik. Für Entwicklungs- und Schwellenländer sind sie aber oft zu teuer. Deshalb wird dort vielfach noch mit Röntgenfilmen gearbeitet. Mit billigeren Digitaldetektoren wäre digitales Röntgen auch hier bezahlbar.

Mit den Ergebnissen des Förderprojekts HOP-X (Hybridorganische Photodetektoren für die Radiographie) bestehen gute Aussichten, die Kosten zu senken. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt haben Siemens, Merck, das Leibniz-Institut für Neue Materialien und die CAN GmbH drei Jahre lang nach Materialien und Herstellungsverfahren für preiswertere und bessere Detektoren gesucht.

„Was wir gefunden haben, ist so vielversprechend, dass nun auch die Weiterentwicklung bis zur Einsatzreife gefördert wird“, erzählen Oliver Schmidt und Sandro Tedde. Die beiden Experten für organische Elektronik sind seit Anfang an dabei – zunächst für Corporate Technology und jetzt für Siemens Healthcare. Wie schon bei HOP-X haben sie auch beim neuen, nun von der EU geförderten Projekt DiCoMo (Direct conversion hybrid-organic X-ray detectors on metal oxide backplane) wieder die Leitung.

Die neue Lösung besticht durch mehr Details

Heute bestehen Detektoren für digitales Röntgen meist aus einer dicken Szintillatorschicht, die die Röntgenstrahlung in Licht umwandelt und einem darunter liegenden Bildsensor, der das Licht dann wiederum in elektrische Signale umwandelt. Solche Detektoren sind nicht nur teuer in der Herstellung. Sie haben auch den Nachteil, dass das Licht auf dem Weg durch die Szintillatorschicht so stark auseinanderläuft, dass es auf dem Bildsensor mehrere Bildpunkte trifft.

„Das Ergebnis ist ein richtig fetter Flecken“, sagt Tedde. „Detailinformationen, die in der Röntgenstrahlung noch vorhanden waren, gehen so natürlich verloren.“ Bei der in HOP-X entwickelten Lösung gibt es dieses Problem nicht mehr. Hier besteht die Szintillatorschicht aus einem lichtschluckenden Kunststoff, in dem das Szintillatormaterial ähnlich wie die Rosinen in einem Rosinenkuchen eingebettet ist. Das Licht hat so gar keine Chance sich groß auszubreiten. Die Lichtflecken auf dem Bildsensor sind jetzt sogar deutlich kleiner als dessen Bildpunkte.

Für die Herstellung der neuen Detektoren ist auch schon ein preiswertes Verfahren gefunden. „Das läuft ähnlich wie das Sintern von Keramik“, erläutert Schmidt. „Eine Pulvermischung mit den gewünschten Eigenschaften wird zu einer kompakten Schicht zusammengepresst. Allerdings ohne die hohen Temperaturen, die man beim Sintern von Keramik hat. Der lichtschluckende Kunststoff schmilzt leicht. Es braucht nur wenig Wärme und Druck, um eine porenfreie Schicht herzustellen. Wir sprechen daher auch von Soft Sintern.“

Das Verfahren ist zwar inzwischen patentrechtlich rundum abgesichert. Weil es aber völliges Neuland ist, muss noch eine technische Lösung entwickelt werden, mit der auch großflächige Bildsensoren hergestellt werden können. DiCoMo soll hier die Ideen liefern. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir in den kommenden drei Jahren eine Lösung finden“, sagt Schmidt. „Wir haben wie bei HOP-X wieder Spitzenpartner im Team.“

Große Ziele

Bei DiCoMo geht es aber nicht nur darum, das Herstellungsverfahren weiterzuentwickeln. „Der Bildsensor liegt ja auf einer Matrix aus Dünnschichttransistoren, in der die elektrischen Signale aus dem Bildsensor verstärkt und weitergeleitet werden“, erklärt Tedde. „Sie soll ebenfalls weiter verbessert werden. Das Ziel ist, am Ende Detektoren zu haben, die nicht nur mehr Details zeigen und billiger herzustellen sind, sondern die auch mit weniger Röntgenstrahlung Aufnahmen machen können. Das wäre zusätzlich ein Riesengewinn für die Patienten, weil das die Röntgenbelastung weiter senken würde.“

Seit Januar ist das DiCoMo-Projektteam bereits kräftig am entwickeln. Hierzu gehören neben Siemens die BASF Schweiz, das belgische Mikroelektronikzentrum IMEC, die niederländische Forschungsgesellschaft TNO, der belgische Chipdesigner ICsense NV und der italienische Simulationsspezialist MorphwiZe.