Unter der Konsortialführerschaft des Encoder- und Motor-Feedback-Spezialisten SICK STEGMANN GmbH wurde Anfang Juni 2016 das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Verbundprojekt „PhotoEnco“ gestartet. In dem Projekt werden Encoder für die präzise Positionsbestimmung als Enabler in der Industrieautomation erforscht.
Drehgeber sind unerlässliche Messgeräte, wenn es darum geht, Achsstellungen, wie beispielsweise die Lage eines Roboterarmes, auszulesen und zu kontrollieren. Die zunehmenden Anforderungen insbesondere in Robotik, Maschinenbau, Medizintechnik und Energietechnologien führen zu einer wachsenden Nachfrage nach individuellen und hoch auflösenden Encodern.
Hier setzt das PhotoEnco-Projekt an: Die etablierte konventionelle, aber insbesondere für kleinere Stückzahlen unflexible Herstellungstechnologie der Codescheibe soll durch eine photonische Strukturierung der Maßverkörperung und der umliegenden funktionsspezifischen optischen Peripherien eines optischen Encoders erst am Ende des Montageprozesses ersetzt werden. Damit kann sehr flexibel und schnell auf Kundenwünsche auch bei kleinsten Stückzahlen reagiert werden – ohne gleichzeitig den Fertigungsaufwand stark zu erhöhen.
Neben der optimalen Individualisierbarkeit bietet dieser Ansatz noch einen weiteren entscheidenden Vorteil. Eine wichtige Fehlerquelle für Drehgeber entfällt mit dieser Technologie: die Zentrierfehler bei der Montage der Encoderscheibe, die zu systematischen Fehlern bei der Bestimmung des Drehwinkels führen.
Daher wird im Rahmen des PhotoEnco-Verbundprojektes eine Herstellungstechnologie erarbeitet, in welcher die Aufbringung der Maßverkörperung auf die Encoderscheibe durch photonische Fertigungsprozesse direkt im montierten Drehgeber erfolgen kann.
Photonische Prozessketten
Um das gesteckte Ziel zu erreichen, werden photonisch codierbare Werkstoffe neu entwickelt, hergestellt und untersucht, welche den mechanischen und thermischen Anforderungen der Anwendung genügen und zudem wirtschaftlich und in der Fertigung hochauflösend und präzise modifizierbar sind.
Hierbei werden grundsätzlich zwei Ansätze verfolgt: Zum einen die hochauflösende Laserablation, bei der durch einen fokussierten Laserstrahl eine dünne absorbierende Schicht auf der Codescheibe abgetragen wird. Hierdurch werden die feinen transparenten Muster auf der Scheibe erzeugt, die später mit dem Abtastkopf des Drehgebers ausgelesen werden. Im zweiten Ansatz wird eine spezielle photocodierbare Schicht nicht abgetragen, sondern durch den fokussierten Laserstrahl auf molekularer Basis verändert, was eine extrem feine Beschriftung ermöglicht.
Abhängig von der ausgewählten Methode muss die Laserquelle und die –optik ausgewählt werden und der Schreibprozess erforscht werden. Die Anforderungen an Präzision und Geschwindigkeit sind hierbei sehr hoch. Während des Schreibprozesses muss permanent die Position des Lasers in Relation zur Codescheibe unter Berücksichtigung der Winkelposition erfasst und messtechnisch ausgewertet werden. Um dieses Verfahren wirtschaftlich umzusetzen, soll die Regelung des Prozesses über eine Software erfolgen.
Um das ausgewählte Verfahren hinsichtlich Qualität, Wirtschaftlichkeit und Prozesssicherheit bewerten zu können, wird ein Systemdemonstrator erstellt, in welchem die genannten Schritte und Komponenten zusammengeführt werden. Hierzu sollen unbeschriebene Einheiten eingebracht werden, beschrieben und vermessen sowie letztendlich überprüft werden.
Die Partner des vom BMBF im Rahmen der Initiative „Photonische Prozessketten“ geförderten Projekts decken dabei die gesamte Wertschöpfungskette vom Material bis zur Anwendung ab: die Firma Allresist (Material), das Institut für Technische Optik der Universität Stuttgart (Werkstoffcharakterisierung, Prozessgestaltung), sowie die Firmen ACSYS Lasertechnik GmbH (Lasermaterialbearbeitung und Anlagendemonstrator), STVision (Messtechnik) und SICK STEGMANN GmbH (Sensor- und Prozesskonzeption, Abtastsensorik).
Diese neuartige photonische Prozesskette schafft die Voraussetzung, um in Zukunft kundenspezifische, hochauflösende optische Encoder mit hohem Automatisierungsgrad zu wettbewerbsfähigen Kosten herzustellen zu können. Auf Grund dieser technischen Alleinstellungsmerkmale und den zu erwartenden Kostenvorteilen gegenüber heutigen Montageverfahren entsteht ein Wettbewerbsvorteil für die Verbundpartner und für den Standort Deutschland.