Das im Juni gestartetes Forschungsprojekt IDA untersucht neue optische Detektionsverfahren, welche kombiniert mit moderner elektrochirurgischer Plasmatherapie, erstmals die minimal-invasive, ambulante und nachhaltige Behandlung von Adipositas (Fettleibigkeit) ermöglichen sollen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt das Verbundprojekt, an dem zwei Firmen sowie das Universitätsklinikum Tübingen und die Albert-Ludwigs-Universität Freiburg beteiligt sind, mit 3,4 Millionen Euro.
Die als Adipositas bekannte krankhafte Fettleibigkeit, betraf laut Ernährungsbericht des Robert-Koch-Instituts im Jahr 2012 rund 23% der Männer und 24% der Frauen in Deutschland. Mit einem Körpermasseindex (BMI) größer 35 haben diese Menschen ein signifikant erhöhtes Risiko, eine chronische Erkrankung wie Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2 und Arteriosklerose zu entwickeln oder einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden.
Ein chirurgischer Eingriff im Magen-Darmtrakt ist aktuell die einzige Methode mit der ein nachhaltiger Gewichtsverlust bei Adipositas-Patienten erzielt werden kann. Zu den gravierenden Nachteilen einer Operation gehören jedoch die irreversible Umgestaltung des Magen-Darmtrakts, Komplikationen vor oder nach dem Eingriff, häufige Wiederholungsoperationen sowie Mangelversorgung wichtiger Vitamine und Spurenelemente.
Argon-Plasma zur Adipositasbehandlung
Das Forschungsprojekt IDA (Intelligentes Photonisches Gewebedetektions-und Gewebeablations-system) verfolgt einen Ansatz, welcher erstmals einen plasmamedizinischen Eingriff (Anwendung der elektrochirurgischen Argon-Plasma-Koagulation) mit intelligenter optischer Diagnostik zur Therapieüberwachung verbindet. Integriert in eine endoskopische Magensonde, könnten mit dem kombinierten Diagnose- und Therapieverfahren Adipositaspatienten zukünftig minimal-invasiv und ambulant behandelt werden.
Anders als bei der üblichen „Magenverkleinerung“, soll mit Hilfe eines ionisierten Edelgases, dem Argonplasma, nur die oberste Schicht der Magenschleimhaut (Mucosa) auf einer Fläche von etwa einem DIN-A4-Blatt abgetragen werden. Dr. Alexander Neugebauer, der die Forschungsaktivitäten beim Projektkoordinator Erbe Elektromedizin GmbH leitet, über den Hintergrund des neuen Therapieansatzes: „In vorangegangen Forschungsprojekten haben wir in Versuchen am Großtiermodell Schwein die Mucosa großflächig verödet und damit sehr erfolgversprechende Ergebnisse hinsichtlich des Gewichts- und Fettmasseverlustes nach der Operation gefunden.“
Der Vorteil der Methode ist, dass große Areale Mucosa entfernt werden können ohne dabei die darunterliegenden empfindlichen Bestandteile der Magenschleimhaut zu schädigen.
Intelligente Sensoren ermöglichen Echtzeit-Therapieüberwachung
Um den Prozess während des Eingriffs genau zu überwachen, regeln und steuern intelligente Sensoren, die im Rahmen des Projekts erforscht werden, den Abtragprozess in Echtzeit. Dazu kommen neben neuen optischen Verfahren zur Gewebeuntersuchung, miniaturisierte Temperatur- und Abstandssensoren zum Einsatz.
Bisher testen die Forscher den kombinierten Diagnose- und Therapieansatz im Tiermodell und an menschlichen Gewebeproben. Am Ende des dreijährigen Forschungsprojekts, sollen erste Studien an Adipositaspatienten Aufschluss über die Wirksamkeit der Methode beim Menschen geben.
Über das Forschungsverbundprojekt
Am Forschungsprojekt IDA sind die Firmen Erbe Elektromedizin GmbH Tübingen (Koordinator) und phg Peter Hengstler GmbH&Co.KG Deißlingen sowie das Institut für Mikrosystemtechnik IMTEK der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg und das Universitätsklinikum Tübingen beteiligt. Das vom BMBF im Rahmen der Initiative „Photonische Systemlösungen für Medizin und Biotechnologie“ geförderte Verbundvorhaben startete am 1. Juni 2017 und läuft über drei Jahre bis Ende Mai 2020.
Ansprechpartner
Dr. Alexander Neugebauer (Projektkoordinator)
Erbe Elektromedizin GmbH
Teamleiter Forschung & Grundlagentechnologien Grundlagenforschung
Tel.: + 49 (0)7071 755 493
E-Mail: Alexander.Neugebauer(at)erbe-med.com