Das bedeutendste Werkzeug in der experimentellen Neurowissenschaft ist das optische Mikroskop. In den vergangenen Jahren haben sich verschiedene optische Verfahren der Bildgebung in diesen Mikroskopen etabliert. Ein Standardverfahren ist die sogenannte Zwei-Photonen Laserscanning-Mikroskopie (2P-Mikroskopie). Bei diesem Verfahren rastert ein Laser in x- und y-Richtung über die Probe und erzeugt dabei Pixel für Pixel das Bild.
Neben dieser zweidimensionalen Bilderzeugung lassen sich durch Refokussieren des Objektivs auch in der Tiefe (z-Richtung) Bilder aufnehmen. Zusammengesetzt erhält man dann das abgerasterte 3D-Bild der Probe. Moderne 2P-Mikroskope erreichen bei dieser dreidimensionalen Bildgebung nur eine geringe dreidimensionale Bildwiederholrate von unter einem Bild pro Sekunde. Die maximale dreidimensionale Bildgröße bei solchen Systemen beträgt einige wenige 100µm in x- und y-Richtung und ca. 100µm in z-Richtung. Um die Funktion ganzer Hirnareale oder sogar vollständiger Organe in hoher Ortsauflösung zu studieren, ist sowohl das abbildbare Volumen als auch die erreichbare dreidimensionale Bildwiederholrate zu gering.
Der Schlüssel liegt in der Optik
Das Verbundprojekt RAPID3D ist im September 2017 gestartet und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen Initiative „KMU-innovativ: Photonik/Optische Technologien“ gefördert. Der Verbund hat sich zum Ziel gesetzt, eine Erweiterung für moderne 2P-Mikroskope zu entwickeln, die sowohl das abbildbare Volumen der Probe als auch die erreichbare dreidimensionale Bildwiederholrate signifikant erhöht. Damit können die neuronalen Verbindungen und deren Verschaltung in räumlich voneinander entfernten Gehirnarealen erforscht werden.
Um das abbildbare Volumen zu erhöhen, müssen die Optiken im Mikroskop angepasst werden. Es wird ein Objektiv mit einer geringeren Vergrößerung benötigt, um das große Sichtfeld abdecken zu können. Das Objektiv soll möglichst viel Licht aus der Probe auffangen und auf den Detektor weiterleiten. Dies führt dazu, dass eine Optik mit einem deutlich vergrößerten Durchmesser entwickelt und in das Mikroskop integriert werden muss. Die Abbildungsqualität des angepassten optischen Systems des Mikroskops soll ein ähnliches Niveau erreichen wie das ursprüngliche System mit kleinem Sichtfeld. Durch ein adaptives optisches System können Abweichungen der Abbildungsqualität korrigiert werden.
Alles im Fokus
Um die Bildwiederholrate zu erhöhen, muss der Fokus des Anregungslaserstrahls, der die Probe zum Fluoreszieren anregt, möglichst schnell über die Probe bewegt werden. Für die horizontale Richtung (x,y) kommen dafür schnell bewegte Spiegel zu Einsatz, für die Fokussierung (z) werden zwei verschiedene Systeme entwickelt. Das eine benutzt ebenfalls einen schnell bewegten Spiegel sowie zusätzliche Optik, das andere basiert auf einem elektronisch sehr schnell regelbaren Element (Spatial Light Modulator), das die Phase des reflektierten Laserstrahls an jedem Pixel dieses Elements verschiebt und dann wie eine schnell verstellbare Linse wirkt, die den Fokus ändert.
Da man für eine schnelle Bildwiederholrate versuchen muss, mit möglichst wenigen Lichtpulsen des Anregungslasers auszukommen, wird zudem eine hochempfindliche, rauscharme und schnelle Elektronik entwickelt, die die Signale der verwendeten Photomultiplier verarbeitet. Das Prozessieren der Daten erfolgt dann an einem Hochleistungscomputersystem.
Blinkende Neuronen
Das Gehirn besteht aus einer Vielzahl von Neuronenzellen, die in komplexer Weise miteinander verschaltet sind. Ein Neuron kann abhängig von den empfangenen Impulsen anderer Neurone aktiviert werden, und den Impuls an nachfolgende Neurone weiterleiten. Über die Optogenetik, bei der die Neurone durch ein verändertes Erbgut selbst Fluoreszenzfarbstoffe produzieren, kann die Aktivierung der Neurone sichtbar gemacht werden. Sie blinken. Eines der Hauptziele der Neurowissenschaften ist es nun, möglichst viele Neurone gleichzeitig zu sehen und deren Verschaltung zu verstehen.
Die Neurone blinken schnell und sind auch mit anderen Neuronen in weit entfernten Hirnarealen verbunden, die in verschiedenen Ebenen liegen können. Bei den in der Neuroforschung häufig verwendeten Tiermodellen Maus und Zebrafisch können die interessanten Hirnbereiche bis zu einige Millimeter voneinander entfernt sein. Daher trägt die in diesem Projekt zu entwickelnde schnelle Bildgebung von großen dreidimensionalen Probenvolumina dazu bei, die Informationsverarbeitung in neuronalen Netzten und die Funktion des Gehirns besser erforschen zu können.
Die Projektpartner
Im Rahmen des BMBF-Verbundprojekts RAPID3D arbeitet das kleine mittelständische Technologie-Unternehmen Rapp OptoElectronic GmbH aus Wedel mit drei führenden deutschen Forschungsinstituten auf dem Gebiet der experimentellen mikroskopiebasierten Gehirnforschung zusammen, um eine schnelle, großvolumige Bildgebung für ein Zweiphotonen-Mikroskop zu entwickeln.
Mit ihren reichhaltigen Erfahrungen auf dem Gebiet der Zweiphotonen-Mikroskopie tragen die Arbeitsgruppen am Max-Planck-Institut für Neurobiologie in Martinsried, am Max-Planck-Institut für Hirnforschung in Frankfurt und am Zentrum für Molekulare Neurobiologie in Hamburg dazu bei, dass das System optimal an die neurobiologischen Forschungsfragen angepasst ist.
Die drei Arbeitsgruppen werden mit dem entwickelten System wissenschaftliche Versuche durchführen, die die Verknüpfung der Neuronenaktivität großskalig abbilden können. Anhand dieser Versuche wird das System weiter verbessert und optimiert.
Ansprechpartner
Dr. rer. nat. Sven Wildfang
Tel.: +49 4103 701 89 0
Email: wildfang(at)Rapp-Opto.com
Rapp OptoElectronic GmbH
Kronskamp 110
22880 Wedel