Ob in der Virtual-Reality-Brille, im Head-up-Display im Auto oder als Hologramm-Projektor – Licht und Lichtquellen dienen heute längst nicht mehr allein zur Beleuchtung von Räumen oder Apparaturen. Licht in unterschiedlichster Form ist vielmehr Präzisionswerkzeug, Messinstrument und Informationsträger.
„Doch oft sind die optischen Systeme, mit denen komplexe Lichtfelder erzeugt werden, technisch sehr aufwendig, unhandlich und teuer“, sagt Dr. Isabelle Staude von der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Das möchten die Physikerin und ihr Team jetzt ändern: Gemeinsam mit Kollegen des Instituts für Angewandte Physik (IAP) der Uni Jena, der RWTH Aachen, der Humboldt-Universität zu Berlin und der Universität Bonn haben sie ein Verbundprojekt gestartet.
Ihr Ziel: Licht für eine Vielzahl neuartiger Anwendungen in maßgeschneiderte Form zu bringen. Das Konsortium unter Federführung der Universität Jena hat Anfang Oktober offiziell seine Arbeit aufgenommen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Projekt mit dem Titel „Nano-Film – Photonische Nano-Filme mit umfassender optischer Funktionalität“ in den kommenden drei Jahren mit knapp zwei Millionen Euro.
Nano-Film: Neues photonisches Konzept
„Wir setzen auf ein völlig neues Konzept photonischer Bauelemente“, sagt Dr. Staude, die Projektkoordinatorin ist und gemeinsam mit Prof. Dr. Thomas Pertsch vom IAP ein Teilprojekt bearbeitet. Die Grundlage der neuartigen optischen Systeme sind nanostrukturierte Filme.
Solche nur wenige Nanometer (Millionstel Millimeter) dünnen Schichten aus unterschiedlichen Materialien sind aus unzähligen winzigen „Antennen“ aufgebaut – Nanostrukturen, die mit lithographischen Verfahren hergestellt werden und die komplexe Lichtfelder mit klar definierten und vor allem maßgeschneiderten Eigenschaften erzeugen können.
Nanostrukturierten Filme sind bereits seit einigen Jahren in der Entwicklung. „Wir wollen dieses Konzept nun noch weiter voranbringen“, erläutert Dr. Staude ein Projektziel. So sei die Idee, die Lichtquellen direkt in die Filme zu integrieren und die resultierenden Eigenschaften aktiv modulierbar zu machen.
Mit solchen Filmen lassen sich unterschiedliche makroskopische optische Systeme wie Linsen nachbauen – die sind ebenso präzise aber um ein Vielfaches leichter und flexibler. Dafür bringen die Mitglieder des Forschungsverbundes Expertisen für ganz unterschiedliche Materialen und Aspekte der Nanooptik ein.
Sensorik, Mikroskopie und Display – jede Menge Anwendungsgebiete
Während Prof. Dr. Stefan Linden von der Universität Bonn etwa den Schwerpunkt seiner Forschung auf metallische Nano-Filme legen wird, wollen Dr. Staude und ihre Jenaer Kollegen vor allem Dünnschichtfilme aus Silizium und Lithiumniobat untersuchen. Prof. Dr. Thomas Taubner von der RWTH Aachen bringt das Know-how für Phasenwechselmaterialien mit, Prof. Dr. Oliver Benson von der Humboldt-Universität zu Berlin konzentriert sich auf die Kontrolle der Lichtemission in Nano-Filmen. Theorieunterstützung erhält der Verbund durch Prof. Dr. Kurt Busch, ebenfalls von der Humboldt-Universität zu Berlin.
Auch wenn es aktuell um die Grundlagen neuer optischer Komponenten geht, haben die Verbundpartner bereits branchenübergreifende Anwendungspotenziale ihrer Nano-Filme im Visier. „Solche Systeme lassen sich beispielsweise für Sensoren, neue Mikroskopieverfahren oder für Nachtsichtgeräte nutzen“, sagt Dr. Staude.
Weitere mögliche Einsatzbereiche ergeben sich in der Mensch-Maschine-Interaktion, z. B. in Form hochintegrierter Displayanwendungen. „Dafür stehen wir bereits im Kontakt mit mehreren interessierten Unternehmen, um durch kontinuierlichen Austausch und direktes Feedback die industrielle Verwertbarkeit unserer Forschungsergebnisse sicherzustellen.“
Kontakt
Dr. Isabelle Staude
Institut für Angewandte Physik der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Abbe Center of Photonics
Albert-Einstein-Str. 6, 07745 Jena
Tel.: 03641 / 947566
E-Mail: isabelle.staude(at)uni-jena.de