Wie wirkt sich das Licht von LED-Beleuchtungssystemen auf das Wohlbefinden von Menschen aus? Dieser Frage geht das vor ein paar Monaten gestartete Projekt „ILIGHTS“ auf den Grund. Die vier Partner des Verbunds aus Wissenschaft und Wirtschaft erforschen die Auswirkungen von nicht-visuellen Effekten auf die Arbeiter im Schichtbetrieb des Münchener Werkes der BMW Group. Ziel des Projekts ist es, langfristig und nachhaltig das Wohlbefinden und die Gesundheit von Schichtarbeitern zu steigern.
Bislang wurde in Beleuchtungssystemen lediglich der visuelle Nutzen gesehen. Die Forschung der letzten Jahre weist jedoch immer deutlicher auf die nicht-visuelle Bedeutung des Lichts hin. Licht dient nicht nur dem reinen Sehen, sondern steuert im menschlichen Körper viele vegetativ-hormonelle Prozesse wie die Herzschlagrate, die Körperkerntemperatur, das Schlafverhalten und die Stimmung.
Inwieweit und in welcher Form Licht auf Physis und Psyche Einfluss nimmt und welche Beleuchtungsparameter für welchen Anwendungsbereich ideal sind, ist bis heute nur ansatzweise geklärt. Es fehlen Daten und experimentelle Methoden, um die komplexen Interaktionen zwischen Nutzer, Standort, Aufgabe und Beleuchtung unter Realbedingungen zu untersuchen und darauf aufbauend umfassende heuristische Erkenntnisse für Planung und Produktentwicklung zu formulieren.
Ziel des ILIGHTS-Verbund ist es, den nicht-visuellen Nutzen der LED-Technologie praxisnah zu erforschen. Hierzu wird im BMW-Montagewerk München ein Produktionsabschnitt mit einem eigens entwickelten Licht-Forschungssystem ausgestattet. Das neuartige LED-System des Fraunhofer UMSICHT ermöglicht, partiell die Beleuchtung dynamisch zu steuern. Neben der Intensität sind einzelne Wellenlängenbereiche des Vollspektrums präzise regulierbar.
Nach einer Vorstudie am Fraunhofer-inHaus-Zentrum wird das System unter Realbedingungen in einer BMW-Produktion eingesetzt. Insgesamt 80 Schichtarbeiter werden im Rahmen einer 21-wöchigen Studie mit mobiler Sensorik ausgestattet, die Vitalparameter und den individuellen Lichtkonsum aufnehmen.
Darüber hinaus führen Ärzte des Krankenhaus Porz kontinuierlich pupillographische Messungen zur Bestimmung der Wachheit (Vigilanz) und Befragungen zum Gesundheitsstatus, zur emotionalen Befindlichkeit, Leistungs- und Konzentrationsfähigkeit durch. Lichtszenarien werden hinsichtlich des Teilnehmerprofils (Alter, Geschlecht, Früh-oder Spättyp) und seiner Arbeitsweise (Umgebung, Tätigkeit, Früh- oder Spätschicht) differenziert evaluiert. Nach jeweils drei Wochen wird das Lichtszenario auf Basis der erhobenen Daten angepasst. So sollen zum Beispiel Schlafstörungen künftig vermieden bzw. reduziert werden.
Die gewonnenen Erkenntnisse sollen nicht nur den Wissensbestand erweitern, sondern in empirisch abgesicherte Planungs- und Produktkonzepte der Gebäudeleittechnik und Handlungsempfehlungen für Regelwerke und Normen überführt werden. Zusätzliche Anwendungsgebiete können zum Beispiel Schulen, Seniorenheime oder Krankenhäuser sein.
Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen der Initiative „Intelligente Beleuchtung“ bis Ende Oktober 2018 mit rund 1,45 Millionen Euro gefördert. Der vollständige Projekttitel lautet „Modulares Experimentalsystem zur Untersuchung physiologischer und kognitiver Effekte in dynamischen Beleuchtungssituationen bei Schichtarbeitern“. Projektpartner sind das Fraunhofer-inHaus-Zentrum, das Fraunhofer UMSICHT, das Krankenhaus Porz am Rhein und die BMW AG.