Frau Dr. Kleeberger, erst kürzlich hat das GoodLab in Berlin seine Pforten geöffnet. Aus welcher Idee ist das GoodLab entstanden?
Wir wollen junge Menschen dazu befähigen und motivieren, die Welt mit digitalen Werkzeugen nachhaltig und aktiv mitzugestalten. Das ist die Kernidee, die hinter jedem Projekt der Jungen Tüftler*innen steckt. So auch beim GoodLab. Hier wollen wir mit unterschiedlichsten Zielgruppen eigene Ideen für nachhaltige Lösungen mithilfe von Zukunftstechnologien entwickeln. Dabei soll vor allem das projektbasierte und freie Arbeiten im Vordergrund stehen, um Motivation und Interesse für das Erlernen wichtiger zukünftiger Fertigkeiten zu wecken. Hierzu zählen insbesondere die sogenannten 21st century skills, die auch digitale Kompetenzen umfassen.
Was dem GoodLab unter anderem den Boden geboten hat, war das Make Light Lab, das im Rahmen des Festivals of Lights 2016 im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) stattgefunden hat. Dort haben wir mit Kindern an Licht und Technik getüftelt, gleichzeitig aber auch unsere Lehrideen und -ansätze ausprobieren können. Im GoodLab können wir diese Konzepte weiter ausbauen und evaluieren, während wir den Menschen einen kreativen Tüftelraum bieten.
Was zeichnet das GoodLab in Ihren Augen aus?
Das GoodLab orientiert sich unter anderem an den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN. Deshalb agiert es auch nach dem Prinzip „lokal handeln, global wirken“. Da jede lokale Handlung einen globalen Impact hat, wollen wir zusammen mit den Berlinerinnen und Berlinern an verschiedensten lokalen Nachhaltigkeitsprojekten arbeiten und durch Technologien neue Lösungsansätze finden.
Ich bin davon überzeugt, dass wir in einem digitalen Zeitalter leben, in dem Ideen für eine nachhaltige Zukunft das Wichtigste sind. Gute Ideen benötigen jedoch Freiräume, die in der Realität oftmals durch Schule und Leistungsbewertungen eingeschränkt werden. Das GoodLab hingegen bietet solch einen Freiraum. Es ist ein zentraler Ort, an dem Menschen ihre Ideen für ökologische, soziale und technologiebasierte Projekte ausprobieren und entwickeln können. Unsere Mentorinnen und Mentoren begleiten die Teilnehmenden dabei. Sie knüpfen an den individuellen Wissensstand und die Interessen an, geben Impulse und Hilfestellungen.
Welche Ansätze verfolgen Sie im GoodLab, um möglichst viele Menschen zu erreichen?
Mit dem GoodLab haben wir nicht nur einen Ort geschaffen, an dem sich Technikinteressierte austoben können, sondern an dem wir auch neue Lernansätze und didaktische Pilotprojekte ausprobieren können. Wir orientieren uns dabei stark am Ansatz des Playful Learnings bzw. des konstruktivistischen Lernens. Lernen funktioniert nämlich am besten über das eigene Erfahren und das buchstäbliche Begreifen, also das Anfassen und Bearbeiten von Materialien mit der Hand. Bei uns liegen daher alle nötigen Materialien griffbereit. Es gibt allerlei Werkzeuge und Maschinen, die nach einer Einweisung selbst ausprobiert und für die Umsetzung eigener Ideen genutzt werden können. Im Januar soll zum Beispiel das Fab@School Projekt starten, das wir zusammen mit dem zdi Kamp-Lintfort durchführen. Hier wird es vorrangig um digitale Arbeiten gehen. Schülerinnen und Schüler erlernen aber auch die Arbeit mit dem Schneidplotter, dem 3D-Drucker oder dem Lasercutter. Mit diesem Wissen über die Arbeitswerkzeuge sollen sie dann eigene Projekte umsetzen.
Durch dieses anwendungsorientierte Lernen erfahren Kinder aber auch eine Menge über sich selbst. Sie begreifen, wo sie stehen, was ihre Interessen sind, was sie bereits können oder noch lernen müssen und wie sie sich Wissen selbstständig aneignen. Sie nehmen also ihren Lernprozess selbst in die Hand, während die klassische Lehrperson in die Rolle eines Lernbegleiters beziehungsweise einer Lernbegleiterin rückt.
Welche Formate bieten Sie für Interessierte vor Ort an?
Zum einen haben wir offene Werkstätten, zu denen man einfach vorbeikommen kann. Hier geben wir Ideen und Anregungen, erklären die Werkzeuge und Maschinen und ermuntern unsere Besucherinnen und Besucher, selbst tätig zu werden. Zu den offenen Werkstätten kommen viele Kinder zusammen mit ihren Eltern, die durch das Ausprobieren der vielen Materialien selbst noch einmal zum Kind werden.
Am Vormittag bieten wir dreistündige Workshops für Schulklassen an. Unsere Inhalte begleiten dabei Themen aus dem Lehrplan, die wiederum an bestimmten Nachhaltigkeitsaspekten orientiert sind. Im Rahmen der Fächer Biologie und Physik bauen und programmieren wir zum Beispiel Gießanlagen für Pflanzen, programmieren LED oder installieren Mikrocontroller für automatische Prozesse. Am Nachmittag leiten wir AGs, die jeweils über einen Zeitraum von vier Wochen gehen. Hier können wir dann kontinuierlicher mit den Kindern und Jugendlichen an einem Thema arbeiten. Nicht zuletzt führen wir aber auch Fortbildungen für Lehrende oder Museumsmitarbeitende und Bibliotheksbeschäftigte durch.
Damit sich Kinder in einer technologisierten Welt zurechtzufinden und diese auch aktiv mitgestalten können, ist es wichtig, Faszination und vor allem Verständnis für Technologien zu wecken. Welche weiteren Projekte gibt es bei den Jungen Tüftler*innen, um diesem Vorhaben nachzukommen?
Wir betreuen mehrere Projekte, die danach fragen, wie man komplexe Themen niederschwellig vermitteln kann. Mit dem BMBF-geförderten Projekt Quanten1x1 entwickeln wir zum Beispiel anhand des konstruktivistischen Lernansatzes – bei dem für uns ja besonders die Haptik im Vordergrund steht – Experimentierkits, Erklärvideos sowie eine Quantenbox, mit deren Hilfe wir die Grundprinzipien der Quantenphysik erklären wollen. Auch das spielerische Element ist uns sehr wichtig. Daher entwickeln wir in dem Zuge ein Quanten-Tiq-Taq-Toe, mit dem man bestimmte Quantenphänomene wie die Superposition nachspielen kann. Über den spielerischen Ansatz und das eigene Erleben kann ein Verständnis für diese Prinzipien aufgebaut werden. Mit solch erklärenden Medien unterstützen wir gleichzeitig die Wissenschaftskommunikation.
Wir arbeiten außerdem eng mit der senseBox zusammen, die ebenfalls vom BMBF gefördert wurde. Da auch wir den Citizen Science Ansatz verfolgen, ist die senseBox für uns ein zentrales Werkzeug. Mit ihr erfassen wir zusammen mit Schülerinnen und Schülern unsere Umwelt und entwickeln konkrete Technologien, mit denen wir auf sie reagieren können. Gemeinsam mit der senseBox arbeiten wir zudem an dem Projekt „My Badges“ – ein Nachweissystem, welches während Projektarbeiten in der Schule helfen soll, erworbene Kompetenzen nachzuweisen. So wollen wir dem Dilemma der notwendigen Leistungsbewertung in Schule entgegenwirken und Raum für mehr Freiheiten schaffen.