Herr Toschke, die Idee für die CO2-Ampel wurde im Rahmen eines Make@thons entwickelt. Was hat es mit diesem Format auf sich?
Yannic Toschke: Ein Make@thon ist zunächst einmal ein etwas anderer Hackathon. Das sind lange Coding-Events, bei denen die Teilnehmenden kreative Lösungen für interessante Probleme entwickeln. Oftmals sind diese Probleme real existent, sodass es einen echten Lösungsbedarf gibt. Veranstalter solcher Events sind häufig Firmen oder Städte. Bei einem Make@thon kommt zu den Coding-Aktivitäten noch die Verwendung von Makertools hinzu, sodass der Lösungsansatz nicht nur gecodet, sondern auch gebaut wird.
Die Open Photonik Pro Make@thons waren eine Antwort der Fachhochschule Südwestfalen auf die vielen Herausforderungen, die die COVID-19-Pandemie gerade in ihren Anfangszeiten mit sich brachte. Da die ersten Make@thons offen für alle waren, arbeiteten verschiedenste interessierte Menschen an Ausrüstungsgegenständen und Werkzeugen, die das Leben während der Pandemie sicherer machen sollten. Entstanden sind diese Make@thons im Rahmen der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Maßnahme „Open Photonik Pro“. Diese verfolgt das Ziel, Menschen aus der Maker- und Gründerszene noch enger mit der Wissenschaft und Wirtschaft zu vernetzen, um so Innovationen schneller auf den Weg bringen zu können. An diese Idee knüpfen folglich auch die Make@thons an.
Frau Ahuis, Frau Hüer und Herr Brockmann, Sie konnten den vierten Open Photonik Pro Make@thon selbst hautnah miterleben. Dieser richtete sich explizit an Schülerinnen und Schüler. Wie kann man sich die Durchführung vorstellen?
Emma Hüer: Zuerst hat uns unser Lehrer Herr Kirberger auf den Make@thon aufmerksam gemacht. Die Aufgabe war vorgegeben und für jede Gruppe gleich: Wir sollten eine CO2-Ampel für den Klassenraum entwickeln, die Alarm schlägt, sobald der CO2-Gehalt und die damit verbundene Anzahl der Aerosole einen gewissen Grenzwert übersteigen. Daran wollten wir uns beteiligen, um wieder mit einem sicheren Gefühl in die Schule gehen zu können.
Christian Brockmann: Für die Entwicklung unserer CO2-Ampel haben die Veranstalter die notwendigen Materialien zu uns nach Hause geliefert. Während des gesamten Make@thons standen uns außerdem immer Fachleute bei Fragen oder Problemen zur Verfügung, zum Beispiel, wenn ein Bauteil nicht funktioniert hat.
Milena Ahuis: Zudem war die Struktur sehr klar vorgegeben. Wir hatten insgesamt drei Wochen Zeit und mussten zur Halbzeit unseren Zwischenstand vorstellen. Natürlich haben uns die Pandemie und ihre Einschränkungen allein schon sehr motiviert, dem Coronavirus mit unserer Idee zu trotzen. Doch der vorgegebene Zeitplan und das Status-Update zur Halbzeit haben uns zusätzlich angespornt, an unserer Idee dranzubleiben und aufkommende Probleme zu lösen.
Wie funktioniert Ihre CO2-Ampel und wie unterscheidet sie sich von den anderen, die im Wettbewerb entwickelt wurden?
Christian Brockmann: Im Wesentlichen misst die Ampel mithilfe eines Sensors den CO2-Gehalt in der Luft. Wird ein bestimmter Wert überschritten, springt die Ampel auf Rot und setzt einen Warnton ab. Dann ist es Zeit zu lüften. Das Besondere an unserer CO2-Ampel ist jedoch, dass man sie per Funk mit anderen CO2-Ampeln in der Schule verbinden kann. Als Funkverbindung mit hoher Reichweite nutzen wir LoRa. Diese reicht ohne Störelemente fast einen Kilometer weit und ist in dieser Hinsicht deutlich besser als WLAN. Damit ist es theoretisch möglich, die Daten von CO2-Ampeln aus der gesamten Schule an einem zentralen Ort zu sammeln, später wieder abzurufen und bestimmte Trends abzulesen. Diese können zum Beispiel Aufschluss über die Fragen geben, in welcher Regelmäßigkeit gelüftet werden sollte oder in welchen Klassenzimmern der CO2-Gehalt im Durchschnitt am höchsten ist.
Mit Ihrer Idee haben Sie den ersten Platz beim Open Photonik Pro Make@thon belegt. Doch damit nicht genug: Die CO2-Ampel wurde sogar in einer Spezialausgabe zur Corona-Pandemie in der Open Hardware Fachzeitschrift Hardware X publiziert. Wieso hat es Ihre Idee so weit geschafft?
Milena Ahuis: Ein Grund ist sicherlich, dass unsere Idee auch noch in Zukunft relevant sein wird. So, wie es aktuell aussieht, wird uns Corona noch eine Zeit lang begleiten. Daher ist es jetzt wichtig, neue technologische Entwicklungen wie die CO2-Ampel festzuhalten und für die ganze Welt zugänglich zu machen. So können die Ideen auch später noch optimiert oder für ganz andere Ansätze weiterentwickelt werden.
Yannic Toschke: Man muss außerdem sagen, dass die CO2-Ampel in Kombination mit LoRa als Kommunikationsbasis einfach eine coole Idee war. Man kann nicht immer davon ausgehen, dass man überall an den Schulen WLAN hat – weder in Deutschland noch in anderen Ländern. Für solche Fälle ist LoRa die perfekte Lösung, da diese Funkverbindung kleine Datenmengen über mittelgroße Entfernungen sehr gut übertragen kann. Frau Ahuis, Frau Hüer und Herr Brockmann präsentieren hier also eine sehr schöne Möglichkeit, das Klassenzimmer sicherer zu machen, ohne dass daran große Voraussetzungen gekoppelt wären.
Haben Sie die CO2-Ampel seit dem Make@thon noch weiter optimiert?
Christian Brockmann: Die Hardware der CO2-Ampel war schon immer recht unkompliziert. Es gab jedoch Probleme mit der Software. Diese ist nach mehreren Stunden immer wieder abgestürzt. Um den Fehler zu finden, haben wir uns mit den Veranstaltern des Make@thons zusammengetan, die dann die Software noch einmal überarbeitet haben.
Emma Hüer: Für die Publikation mussten wir außerdem die Funktionstüchtigkeit der Bauteile validieren. Ein Beispiel ist die Reichweite des Funksignals. Diese haben wir auf freier Fläche sowie in der Schule getestet und mit Messungen belegt. Dafür mussten wir die Ampel jedoch erst einmal umprogrammieren, da unsere erste Programmierung gar nicht auf einen solchen Reichweitentest ausgelegt war. Auf freier Fläche sind wir tatsächlich auf fast einen Kilometer Reichweite gekommen. In unserem zweiten Test in der Schule haben wir dann festgestellt, dass die vielen Wände das Funksignal deutlich abschwächen. Diese Erkenntnisse waren jedoch für die Qualität der Publikation sehr wichtig.