Das neue Gebäude des Bundesministeriums für Bildung und Forschung in Berlin am Ufer der Spree wurde erst vor wenigen Monaten eröffnet. In dem hellen, von Licht durchfluteten Foyer geht es normaler Weise eher geruhsam zu, doch im Oktober 2015 war neun Tage lang alles anders.
Zum Festival of Lights, bei dem bekannte Berliner Bauten mit bunten Laserprojektionen bestrahlt werden, beteiligte sich das Bundesministerium für Bildung und Forschung vom 10. bis 18. Oktober mit Technik-Mitmach-Aktionen an dem Lichtfest. Unter dem Titel „#MakeLightLab“ wurde es besonders an den beiden Wochenenden ordentlich voll, als Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit LEDs, Mikrocontrollern und Sensoren ihre eigenen Lichtprojekte verwirklichten.
Die Lichtwerkstatt
Die Lichtwerkstatt am ersten Wochenende (10. bis 11. Oktober) sprach besonders Kinder und Jugendliche an. An den vielen Tischen im Eingangsbereich des Bundesministeriums wurde gebastelt, gelötet, geschnitten, genäht und natürlich programmiert.
Die „Jungen Tüftler“ boten „kreatives Lichtgestalten mit Papier, Stoffen und Elektronik“ für Kids von 5-12 Jahren an. Dabei wurden zum Beispiel Papierhäuser mit einer Lichtschaltung gebaut oder Stoffe mit leitendem Garn und leuchtenden LEDs bunt bestickt. Das Junior Lab Berlin bot Photonik-Workshops für Kinds von 8-14 Jahren an. Beim „Mutant Hero Hacking“ druckten die Kinder mit dem 3D-Drucker Köpfe aus und steckten sie auf Superheldenpuppen. Und mit LEDs bauten sie leuchtende Armbänder selbst.
Das Schülerlabor Informatik „InfoSphere“ von der RWTH Aachen bot mit „Informatik enlightened – mit Informatik & Photonik die Welt verbessern“ einen zweitätigen Arduino-Workshop für Jugendliche ab 14 Jahren an. Hier konnten die Jugendlichen eine Infrarot-Lichtschranke oder ein LED-Farbthermometer bauen und programmieren. An Jugendliche richtete sich auch der Workshop „SenseBox Edu“ des Instituts für Geoinformatik der Universität Münster. Hier wurden auf Basis des Arduino-Mikrocontrollers eine Umweltmessstationen mit verschiedenen Sensoren z. B. zum Messen des UV-Indexes oder der Temperatur gebaut.
Aber auch neben den Workshops war so einiges los. An einer großen, in bunten Farben beleuchteten Metallwand entstand die gesamten neun Tage über ein immer dichter werdender LED-Forschungs-Wunschbaum. Jeder Besucher und jede Besucherin konnte hier einen Forschungswunsch auf ein Blatt aufschreiben und an den Baum auf der Metallwand mit einer bunt leuchtenden LED befestigen. Die Wünsche reichten querbeet von 3D-Druckern für alle über mehr Nachwuchsförderung im MINT-Bereich, Naturschutz und umweltfreundlicheren Autos bis hin zu Sci-Fi-Wünschen wie Laserschwertern oder der Möglichkeit zum Beamen.
Hinter dem farbenfrohen Forschungs-Wunschbaum folgte ein mit einem großen, schwarzen Tuch abgedunkelter Bereich. Hier hatte der vor wenigen Wochen neu gegründete Verein „Freie Maker e. V.“ eine – natürlich – selbst gebaute 3D-Scannerstation aufgestellt. Die Besucherinnen und Besucher konnten sich auf einer langsam rotierenden Plattform von einer Spielekonsolen-Kamera dreidimensional einscannen lassen. Nach wenigen Sekunden erhielten sie einen Kassenbon mit einem QR-Code zum Direktdownload der eigenen 3D-Datei. Das Selfie der Zukunft ist ein „Shapie“.
Light Cares
Am Montag mussten die vielen Workshoptische weichen, denn jetzt wurde im Foyer des Bundesministeriums die „Light Cares“-Ausstellung aufgebaut. Thematik der besonderen Ausstellung waren Photonik-Projekte, die von Makern (also Bastlern, Designern und Kreativen aller Art) für Menschen mit Behinderungen gebaut wurden.
Mit dabei waren zum Beispiel 3D-gedruckte Handprothesen, taktile Karten für Blinde aus dem 3D-Drucker, eine Alterssimulation per Virtual-Reality-Brille, ein 360-Grad Navigationsgürtel oder eine Weste, die mit Hilfe einer Kamera und hunderten von kleinen Motoren Hindernisse vor einem auf den Bauch durch Vibration darstellt. Die 14-jährige Myrijam Stoetzer und der 15-Jährige Paul Foltin hatten einen ganzen Rollstuhl mitgebracht, der mit Hilfe von „Eyetracking“, also alleine durch die Bewegung der Augen, gesteuert werden kann. Für ihr Projekt haben sie den "Jugend Forscht"-Wettbewerb 2015 in der Kategorie „Arbeitswelt“ gewonnen.
Die Light Cares-Ausstellung wurde Montagmorgen von Johanna Wanka, Bundesministerin für Bildung und Forschung, gemeinsam mit Raúl Krauthausen, Vorstand SozialHelden e.V., besucht. Anschließend kündigte Bundesministerin Wanka in diesem Zusammenhang an, mit einem Anfang Dezember startenden Wettbewerb die Do-It-Yourself- und Maker-Szene dabei zu unterstützen, Innovationen gemeinsam mit und für Menschen mit Behinderungen zu entwickeln. Durch den Wettbewerb sollen zehn Forschungs- und Entwicklungsprojekte mit jeweils bis zu 100.000 Euro gefördert werden.
Photonik Science Slam
Ein weiteres Highlight des Make Light Lab fand am Montagabend, ausnahmsweise einmal außerhalb des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, statt. In dem von der UNESCO ausgerufenen, internationalen Jahr des Lichts gab es bei einem unterhaltsamen Photonik Science Slam im Veranstaltungsclub „Lido“ in Berlin-Kreuzberg Futter fürs Hirn und die Lachmuskeln. Der Science Slam war eine gemeinsame Veranstaltung der Max-Planck-Gesellschaft mit der Photonik-Campus-Initiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.
Insgesamt sechs Slammerinnen und Slammer widmeten sich in ihren Vorträgen um wichtige Fragestellungen wie „Wie detektiert man winzige, durchsichtige Nanoteilchen?“, „Kann ich mit Licht tatsächlich meine Stimmung beeinflussen?“ und „Wie viel Energie benötigt der Laser des Todessterns?“
Moderator André Lampe ließ das Publikum über die Gewinner abstimmen. Am meisten Punkte erhielt Matthias Mader für seinen Vortrag „Unsichtbares sehen. Wie man durchsichtige Nanoteilchen detektiert“, dicht gefolgt von der zweitplatzierten Inga Rothert mit ihrem Thema „Licht macht glücklich!“ und dem drittplatzierten Sven Breitkopf mit seinem Slam „Hochleistungslaser. Wie viel Macht hat Licht eigentlich wirklich?“.
Aber auch die Vorträge der drei Slammer, die die Plätze vier bis sechs belegten, unterhielten das Publikum hervorragend: Gerhard Schunk erklärte „Das flüssige Quant“, bei Carsten Reichert schlug nicht das Imperium zurück sondern „Die Vorsatzoptik schlägt zurück“, und Peter Pitrone erörterte die „Light-Sheet Fluorescence Microscopy“.
Übrigens, falls sich jetzt jemand fragt: Der Todesstern bräuchte die gesamte, ununterbrochene Energie eines Sterns von der Größe der Sonne über mehrere hundert Jahre hinweg, um für eine Sekunde feuern zu können.
Das neue Licht, Energiewende, Mensch und Fledermaus
Am Freitagabend waren Experten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Kommunen in das Bundesministerium für Bildung und Forschung zu einem interaktiven Bürgerdialog einladen, um über die neue „Alltags“-Technologie „LED“ (Licht emittierende Diode) zu informieren, die während des Festivals den Besuchern tausendfach entgegen leuchteten.
Die Experten in der lockeren Diskussionsrunde waren einer der führenden deutschen Lichtforscher, Prof. Dr. Ing. Stephan Völker (TU Berlin), der renommierte Schlafforscher Dr. Dieter Kunz (St. Hedwig Krankenhaus Berlin), aus dem Forschungsministerium der Leiter des Referats Optische Technologien/ Photonikforschung Dr. Frank Schlie-Roosen, Stadtdirektor Dr. Johannes Slawig (Stadt Wuppertal) und als Vertreter der Lichtindustrie Kai Nitschke (Philips, Hamburg).
Im Rahmen der Veranstaltung stellte Dr. Anette Roser (IREES Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien, Karlsruhe) zudem die aktuelle Studie „LED macht Schule“ zur Akzeptanz und Qualität von LED Schulbeleuchtung vor. Durch den Bürgerabend in der illuminierten „Fish-Bowl-Arena“ im Foyer des BMBF führte die Radiomoderatorin Diane Hielscher.
Make Light Camp
Am letzten Wochenende des Make Light Lab wurde es im Bundesministerium für Bildung und Forschung noch mal richtig wuselig. Im Vergleich zu den Workshops vom ersten Wochenende, die überwiegend auf Kinder und Jugendliche abzielten, sprachen die Workshops im Make Light Camp nun hauptsächlich Jugendliche und Erwachsene an.
Mit dem „Wearable Workshop“, „Projection Mapping with the Raspberry Pi“, „RobOLED Workshop“ und „SenseBox - Vermesse Deine Umwelt“ waren alle vier angekündigten Workshops vorher ausverkauft. Mit dem "Voodoo Doll"-Workshop war sogar noch ein fünfter Workshop kurzfristig hinzu gekommen. Hier wurden bunte Mini-Monster aus Filz mit leuchtenden LED-Augen und einer einfachen Schaltung mit Mikrofon und Lautsprecher, die im Monsterkörper versteckt wurde, selbst genäht.
Im "Wearable Workshop" baute Lina Wassong mit den Teilnehmern ansteuerbare Farbwechsel-LEDs in Kleidungsstücke ein. Drei Freunde aus Karlsruhe waren sogar eigens für diesen Workshop den ganzen Weg aus Karlsruhe nach Berlin angereist. An dem Tisch daneben wurden beim SenseBox-Workshop Schaltungen programmiert, LEDs zum Leuchten gebracht und später sogar Sensoren zur Vermessung von Umwelt- und Wetterdaten angesteuert.
Am hintersten Tisch erklärte René Bohne, wie die RobOLED, eine per Tablett und Roboterarm angesteuerte OLED-Pixelwand, die im Bundesministerium vor nicht ganz einem Jahr vom FabLab Aachen installiert worden war, angesteuert wird. Im Raum dahinter, der ansonsten für Pressegespräche genutzt wird, zeigten Krisjanis Rijnieks und Irina Spicaka passend zum Festival of Lights, wie man beim Projektionsmapping mit einem Projektor beliebig strukturierte Oberflächen angepasst beleuchtet.
Dass Lernen mit Spaß keine Altersbegrenzung kennt, wurde an diesen Tagen im Make Light Lab immer wieder deutlich. Ein zehnjähriger Junge nähte gerade an seiner gelben Monster-Voodoopuppe, als seine Mutter vorbei kam. Sie erkundigte sich kurz, ob alles okay sei und musste dann aber auch gleich wieder weg. Keine Zeit, denn: „ich baue gerade eine Ampel“! Und schon raste sie rüber zum SenseBox-Tisch, wo ihr Projekt bereits auf sie wartete.