Bettseitiges Echtzeit-Monitoring zur schnellen Diagnose von Beatmungspneumonie

Lebenswissenschaften
05.05.2015
Erstellt von BMBF-gefördertes Verbundprojekt „cheqVAP“

BMBF-geförderter Verbund „cheqVAP“ entwickelt System zur permanenten Überwachung von Ausatemluft, um Lungenentzündungen bei Intensivpatienten frühzeitig zu erkennen.

Akut lebensbedrohlich erkrankte Patienten und Patienten nach komplexen Operationen, die auf einer Intensivstation behandelt werden, müssen oftmals invasiv beatmet werden. Diese Beatmung erfolgt maschinell, indem über einen in der Luftröhre einliegenden Tubus ein Luft-Sauerstoff-Gemisch appliziert wird. Am Tubus entlang können jedoch Bakterien aus dem Rachenbereich in die normalerweise keimfreie Lunge vordringen und eine Lungenentzündung (Pneumonie) hervorrufen, eine häufige Komplikation bei maschineller Beatmung.

Beatmete Patienten müssen in ein künstliches Koma versetzt werden und können daher nicht über typische Symptome (Husten, Schmerzen) klagen. Das Erkennen einer Beatmungsassoziierten Pneumonie (engl.: Ventilator Associated Pneumonia, VAP) stützt sich daher zur Zeit u.a. auf Röntgenbefund, Aussehen der Atemwegssekrete und Laborbefunde. Da es keinen einzelnen Parameter gibt, der eine VAP bestätigt oder ausschließt, wird die Diagnose häufig zu spät gestellt. Der dadurch verzögerte Beginn der Antibiotikatherapie erhöht die Sterblichkeit des an VAP erkrankten Patienten.

Um dem entgegen zu wirken, ist Anfang Mai 2015 der Verbund „cheqVAP“ gestartet. Der Verbund will die Diagnostik durch ein bettseitiges Monitoring maßgeblich verbessern. Die Ausatemluft (Exhalat) des beatmeten Patienten soll permanent durch auf sichtbarem Licht basierende Raman-Spektrometrie überwacht werden. Bakterien und die sie abwehrenden Entzündungszellen setzen Stoffwechselprodukte, sogenannte volatile organische Substanzen (engl.: Volatile Organic Compounds, VOCs) frei, die abgeatmet werden.

Das bettseitige Montoring-Gerät soll über eine Kühlfalle VOCs aus der Ausatemluft extrahieren und über ein Spektrometer analysieren. Eine Veränderung des Raman-Spektrums des Exhalats kann auf eine beginnende VAP hinweisen. Je nach Auflösung können unter Umständen sogar die zugrundeliegende Bakterienspezies identifiziert und das Ansprechen auf die Antibiotikatherapie abgebildet werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, muss im Rahmen einer klinischen Studie zunächst eine Bibliothek von Raman-Spektren des Exhalats genau charakterisierter, beatmeter Patienten mit und ohne VAP angelegt werden, um typische Muster in diesen Spektren zu identifizieren.

Parallel wird an der Anpassung der Laserquelle gearbeitet. Die für die Untersuchungen benötigten Lasersysteme sind bisher nur als Laborgeräte verfügbar und sind nicht für klinische Anwendungen geeignet. Ziel der Arbeiten ist die Miniaturisierung von weit durchstimmbaren Lasersystemen. Hierzu sollen Konstruktionselemente der Mikrosystemtechnik und mit der Technologie durchstimmbarer Lasersysteme zusammengeführt werden.

Es werden zwei alternative Ansätze verfolgt. Einerseits sollen auf chirped Volume-Bragg-Gittern basierende Externe-Resonator-Lasersysteme miniaturisiert werden. Andererseits soll das Konzept der Distributed-Feedback-Laser (Abk.: DFB-Laser) so fortgeschrieben werden, dass DFB-Laser über ihren gesamten spektralen Verstärkungsbereich durchstimmbar werden. Die neuartigen Laserkonzepte sollen dann von den Projektpartnern getestet und in die klinische Messapparatur integriert werden.

Der Verbund cheqVAP läuft bis Ende April 2017 im Rahmen der internationalen Initiative „Biophotonische Geräte für die angewandten Lebenswissenschaften und den Gesundheitssektor – BiophotonicsPlus“. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert den Verbund mit rund 486.000 Euro. Verbundpartner sind optiQGain Ltd., Moshav Shahar (Israel), Universitätsklinikum Jena, Sacher Lasertechnik GmbH, Marburg, Dolomite Microfluidics, Royston (GB) und Optocap Ltd., Livingston (GB).