NanoPatho
Erarbeitung der Grundlagen für ein neues Verständnis der pathologischen Abläufe bei der Multiplen Sklerose im Gehirn
Die Multiple Sklerose verstehen – die Basis für neue Diagnostik und Therapieansätze
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems, die zur Behinderung mit Lähmungen und kognitiven Störungen führt. Sie ist mit hohen Krankheitskosten wie z. B. Behandlungskosten und Arzneimittelausgaben verbunden. Es gibt ca. 200.000 Patienten in Deutschland und 2,5 Millionen Betroffene weltweit. Die sozioökonomische Bedeutung der MS ist enorm. Die Gesamtkosten der Erkrankung belaufen sich laut statistischen Studien auf etwa 4 Milliarden Euro pro Jahr allein für Deutschland.
Die Schädigungsmechanismen bei der Multiplen Sklerose sind noch schlecht verstanden. Die zugrunde liegenden pathologischen Veränderungen in den kortikalen Läsionen spielen sich weit unter der Beugungsgrenze herkömmlicher optischer Mikroskope auf der Nanoskala ab. Um zu einem Verständnis des Pathomechanismus zu gelangen, soll im Rahmen des Initiativprojekts erstmals die photonische Information von superhoch-aufgelöster Mikroskopie, zur Lokalisation molekularer Biomarker, mit der extrem hohen Auflösung moderner Elektronen-Mikroskope vereint werden. Mit dieser gänzlich neuen „Navigationshilfe“ für die Entdeckung von molekularen Veränderungen in der Gewebearchitektur sollen die Grundlagen für eine schnelle und gezielte Diagnostik der Multiplen Sklerose und für neue therapeutische Ansätze geschaffen werden.
Pathologie der Multiplen Sklerose
Die Multiple Sklerose (MS) ist eine Autoimmun-Erkrankung, die die Isolationsschicht (Markscheide, Myelin) der Nervenfasern und die Nervenfasern selbst im Gehirn und Rückenmark schädigt. Sie ist der häufigste Behinderungsgrund im jungen Erwachsenenalter.
Die pathologischen Abläufe der Schädigungsmechanismen bei der Multiplen Sklerose müssen dringend besser erforscht und verstanden werden. Im Gegensatz zu den Läsionen der weißen Substanz ist über Läsionen in der grauen Substanz, insbesondere der Großhirnrinde, noch wenig bekannt. Diese Schädigungen wurden erst vor einigen Jahren entdeckt, und sie sind mit zukünftiger Behinderung und kognitiven Einschränkungen korreliert. Läsionen in der Großhirnrinde sind mittels routinemäßigen, klinischen Magnetresonanztomographie- (MRT-) Verfahren nicht bzw. nur unzureichend darstellbar. Es gibt daher weder ein zuverlässiges diagnostisches Verfahren zum Erkennen dieser Läsionen, noch existieren therapeutische Konzepte. Das vorliegende Projekt soll diese Entwicklungen anstoßen und dafür neue Wege aufzeigen.
Photonisch gesteuerte Nano-3D-Diagnostik für die Multiple Sklerose
Die pathologischen Veränderungen in der Großhirnrinde sind prinzipiell ultrastruktureller Natur, d. h. sie spielen sich weit unter der Beugungsgrenze herkömmlicher optischer Mikroskope ab. Hier setzt das Projekt an: Die für die Untersuchung der Veränderungen notwendige dreidimensionale Nanometer-Auflösung auf dem Mikro- zu Millimeter-Maßstab der kortikalen Läsionen wird in einem neuen kombinierten Ansatz der tomographischen Elektronenmikroskopie und der von Stefan Hell erfundenen superhoch-aufgelösten „Stimulated Emission Depletion“ (STED) Fluoreszenzmikroskopie bereitgestellt.
Die STED-Mikroskopie bietet hierbei die photonische „Navigationshilfe“ und den molekularen Kontrast für die erkrankten Regionen und erlaubt die intelligent-gesteuerte ultrastrukturelle Untersuchung von MS-Gewebeproben. Über diesen Ansatz sollen erstmals die räumlichen Zusammenhänge pathologischer Veränderungen in MS Läsionen der Großhirnrinde auf der Nanometer-Skala (3D-Nano-Atlas) dargestellt werden.
Der Verbund zwischen dem Institut für Neuropathologie der Universitätsmedizin Göttingen und dem Universitätsklinikum Heidelberg, BioQuant, bringt die komplementären Expertisen zur Fluoreszenz- und Elektronenmikroskopie zusammen und erlaubt die direkte klinische Anwendung an der MS.
Das Projekt strebt eine schnelle und gezielte Diagnostik sowie die Identifizierung erster therapeutischer Ansätze für die zurzeit noch komplett fehlenden Behandlungsmöglichkeiten kortikaler Läsionen in der MS an. Bei der Erarbeitung der Arbeitsabläufe steht die Kompatibilität mit der Routine-Diagnostik in der Pathologie im Vordergrund. Damit zielt das Vorhaben auf eine verbesserte Patientenversorgung ab.