EXASENS
POC-Sensorplattform für chronisch-entzündliche Atemwegserkrankungen
Strategischer Forschungsverbund für innovative Gesundheitstechnologien
Infolge des demografischen Wandels stehen die Gesundheitssysteme weltweit vor großen Herausforderungen. Die Menschen in den Industrienationen erreichen ein immer höheres Alter und wollen aktiv und mobil bleiben. Demgegenüber zeigen sich bei älteren Menschen immer häufiger komplexe Krankheitsbilder. Dadurch werden die Gesundheitssysteme sowohl mit einem steigenden als auch veränderten Bedarf an Gesundheitsleistungen konfrontiert, den es – inhaltlich und finanziell – zukunftssicher zu gestalten gilt. Um dieser Situation adäquat begegnen zu können, ist ein komplexes Herangehen erforderlich, in dem Prävention, Diagnostik, Therapie und Nachsorge zusammenwachsen und individuelle Behandlungspläne die Gesundheitsversorgung zielgerichteter, schonender, schneller und kostengünstiger machen.
Dafür müssen technologische und lebenswissenschaftliche Kompetenzen von Forschungseinrichtungen in einer synergistischen Weise zusammengeführt werden, wie es sie in der deutschen Wissenschaftslandschaft noch nicht gibt. Hier plant die Leibniz-Gemeinschaft mit ausgewählten Instituten, ein Partner für Unternehmen und das Versorgungssystem zu werden. Um die Chancen, die sich dadurch ergeben, zu nutzen, unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Etablierung eines strategischen Forschungsverbundes Medizintechnik in der LeibnizGemeinschaft im Rahmen eines Pilotvorhabens zur Vor-Ort-Diagnostik auf der Basis photonischer Technologien.
POC-Diagnostik für chronisch-entzündliche Atemwegserkrankungen
Der moderne (westliche) Lebensstil und die zunehmende Digitalisierung der Arbeitswelt führen bei vielen Menschen zu Über- und Fehlernährung, Bewegungsmangel, Stress oder Genussmittelkonsum. In Verbindung mit einer zunehmenden Lebenserwartung bildet dies den Nährboden für einen stetigen Anstieg chronischer Erkrankungen in Zahl und Schwere, deren Prävention und Reduktion eine der wichtigsten gesundheitspolitischen Aufgaben ist. Ein besonderer Stellenwert kommt dabei den chronisch-entzündlichen Atemwegserkrankungen wie Asthma und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD) zu, unter denen allein in Deutschland über 12 Mio. Menschen leiden. Hier können plötzliche, anfallartige Verschlimmerungen – sog. Exazerbationen – zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen. Eine frühe Vorhersage solcher Exazerbationen und eine zuverlässige Diagnostik ihrer Ursachen könnte die Prognose für den Krankheitsverlauf entscheidend verbessern.
Bisher sind für eine solche Aufgabe jedoch keine verlässlichen Analyseverfahren verfügbar. Das Pilotvorhaben „EXASENS“ soll auf diesem klinisch hochrelevanten und gesundheitspolitisch bedeutsamen Gebiet neuartige Systemlösungen auf Basis optoelektronischer/photonischer Technologien für die patientennahe Schnelldiagnostik (Point-of-Care(POC)-Diagnostik) erforschen. Mit einem einfach bedienbaren Schnelltestsystem für die Früherkennung und Analytik von Exazerbationen kann ein wesentlicher Beitrag zu Vorsorge, Diagnostik und Therapie chronisch-entzündlicher Atemwegserkrankungen geleistet werden.
Vorhaben und Ziele des Verbundes
Im Fokus der Forschungsarbeiten steht die Entwicklung Telemedizin-fähiger POC- sowie Home-Test-Verfahren zur Diagnostik chronisch-entzündlicher Atemwegserkrankungen. Die anvisierten mobil einsetzbaren Systemlösungen könnten z.B. für Patienten mit Asthma oder COPD eingesetzt werden, um anfallartige Krankheitsverschlimmerungen frühzeitig vorherzusagen, Ursachen-spezifische Therapien rasch einzuleiten und den Krankheitsverlauf mit geringem Aufwand zu überwachen. Die Komplexität chronisch-entzündlicher Atemwegserkrankungen stellt die Erforschung solcher POC-Systeme jedoch vor große Herausforderungen. Tatsächlich dürfte aufgrund der breiten Kausalität und Symptomatik von Asthma und COPD die notwendige prognostisch-diagnostische Güte am ehesten über die kombinierte Analytik mehrerer Biomarker erreichbar sein. Gleichzeitig soll das Testsystem ohne hohen apparativen Aufwand einsetzbar, flexibel und einfach zu handhaben sein.
Das Verbundvorhaben verknüpft daher die Kompetenzen von neun Leibniz-Instituten in synergistischer, interdisziplinärer Weise für die Erforschung eines modularen, chipbasierten Konzeptes zur verbesserten Diagnose und Verlaufskontrolle chronisch-entzündlicher Atemwegserkrankungen. Das zu erforschende modulare System soll eine breite Anwendbarkeit bei geringer Probenvorbehandlung ermöglichen sowie in preisgünstiger Massenfertigung herzustellen sein und wäre damit Insellösungen überlegen. Die Innovation und Attraktivität dieses Projektvorhabens beruht auf der Einbeziehung einer großen Vielfalt diagnostisch relevanter Parameter sowie der Integration optoelektronischer und photonischer Technologien in chipbasierte Plattformen, kombiniert mit molekularbiologischen / biochemischen Methoden. Als Ergebnis des Vorhabens soll eine Zusammenstellung von konkreten, hinsichtlich ihrer medizinischen Relevanz und technischen Umsetzbarkeit validierten, modularen und chipbasierten Lösungen für die POC-Diagnostik bei chronisch-entzündlichen Atemwegserkrankungen bereitstehen.
Die gewonnenen Erkenntnisse dienen als Grundlage für die nachfolgende zielorientierte Umsetzung von integrierten Komplettanalysesystemen unter Einbindung industrieller sowie klinischer Partner zur Durchführung erster Studien und Applikationstests. Neben dem enormen Potential für den Patienten selbst beinhaltet das geplante POC-Diagnosesystem auch einen hohen volkswirtschaftlichen Nutzen, u. a. durch die drastische Reduzierung von Fehleinweisungen. Darüber hinaus bildet das Verbundvorhaben die Basis für die künftige, nachhaltige und exzellente, interdisziplinäre Forschung lebens-, natur- sowie sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Institutionen, die notwendig sein wird, um den gesundheitsrelevanten gesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen.